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"Der neue Sir Alex Ferguson": Alles zum neuen United-Trainer

Bei Manchester United herrscht seit 2013 Unruhe im Verein. Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich arbeitete der Verein nicht auf dem gewünschtem Niveau. Im letzten Jahr wurde viel verändert. Nun fand man auch einen neuen Trainer in dieser Findungsphase.

Der ehemalige Sporting Lissabon und künftige Manchester United Trainer Rúben Amorim

Inhaltsverzeichnis

Im Estádio José Alvalade XXI wurde am Dienstagabend der portugiesische Erfolgstrainer Rúben Amorim noch einmal richtig von den Sportinguistas gefeiert. Mit dem 4-1 Sieg gegen das grosse Manchester City war sein letzter Auftritt in der Hauptstadt Portugals ein regelrechtes Happy End. Einmal mehr zeigte sich im auch in seinem letzten Heimspiel die Qualität seines Systems und sein Potential an Trainern wie Pep Guardiola anknüpfen zu können. Nun heisst es für Amorim Abschied nehmen von Sporting. In vier Tagen beginnt seine Amtszeit beim englischen Rekordmeister Manchester United. Einem Verein der zurzeit chaotischer nicht sein könnte und eine Monsteraufgabe für den noch unerfahren Trainer darstellen wird.

Um die Anerkennung der Anhänger aus Manchester muss er sich allerdings noch keine Sorgen machen. Diese feiern den Portugiesen jetzt schon richtig ab, nach dem es ihm gelang Uniteds Erzrivalen in der Königsklasse zu deklassieren. „Eigentlich müsste ich verlieren, sonst denken die Fans von United, dass ich der nächste Sir Alex Ferguson sei“, erwähnte Amorim ironisch an der gestrigen Pressekonferenz vor dem Spiel.

„Der grösste Verein der Welt“ hat grosse Probleme

Bei Manchester United läuft es seit dem Ende der Ära von Sir Alex Ferguson nicht wie gewünscht. Ferguson machte während seiner Zeit zwischen 1986 bis 2013 Manchester United zu einem der erfolgreichsten Vereine der Welt, in dem er mit dem Verein dreizehnmal die Premier League, viermal den FA Cup und zweimal die Champions League gewann. Nach dem dieser zurücktrat, blieb der grosse Erfolg bisher noch aus. Eine Europa League, zwei League Cups und zwei FA Cups stellten die magere Ausbeute des für viele Fussballfans „grössten Vereins der Welt“ dar.

Sir Alex Ferguson an der Seitenlinie für Manchester United 1986-2013

Dabei orientieren sich der Verein und dessen Anhänger noch immer an dessen Image von früher und lassen sich nicht mit der momentanen Lage zufriedenstellen.  Die Ziele seien es nach wie vor sowohl im europäischen als auch in den nationalen Wettbewerben zu dominieren, wie es immer wieder an Generalversammlungen heisst. Doch es gelingt dem Verein trotz vielen Trainerwechseln und kostenaufwändigen Transfers nicht an die glorreiche Zeit um die Jahrtausendwende anzuknüpfen.

Fans gegen Inhaber: Glazers out!

Kürzlich ein Funken Hoffnung, der auf Änderungen im Verein hinwies. Im Dezember erwarb James Arthur Ratcliffe 25% der Aktien von Manchester United. Ratcliffe ist somit nach der Glazer-Familie der erste Hauptaktionär seit 2005. Da er die Mehrheit der Aktien besitzt, fällt er die obersten Entscheidungen. Viele Fans reagierten erleichtert auf diese Übernahme, da sie oft die Glazers für die Missstände im Verein verurteilten.

Fans von Manchester United mit einem Protestbanner gegen die Glazer-Familie

Als die Glazers den Verein 2005 übernahmen, taten sie das über Kredite, welche später direkt auf Manchester United übertragen wurden und bis heute den Verein aufgrund von hohen Zinszahlungen belasten. Zudem stecken sich die Glazers Geld, dass durch den Fussballklub erwirtschaftet wird gerne in die eigene Tasche, statt z.B. in die mangelnde Infrastruktur des Vereins zu investieren. Garry Neville sagte gegenüber Sky Sport, dass es doch nicht sein könne, dass Manchester United einen der ältesten Trainingscampus der Liga habe. Zu den Problemen, die durch die Glazer-Familie entstanden sind, könnte man einen ganzen Artikel verfassen.

Identitätsloser Fussball unter Erik Ten Hag

Zurück zum sportlichen. Auch dort wurde vor nur zwei Wochen eine Änderung vorgenommen. Der bis vor kurzem tätige Trainer Erik Ten Hag wurde fristlos entlassen. Man habe sich mit dem Trainer getrennt, da er keine Identität im sportlichen Bereich schuf, hiess es vom Verein. Unter den Fans wurde dieses Phänomen schon seit vergangenem Januar diskutiert.

Nicht zu unrecht. Bei Ten Hags Taktiken fiel vermehrt auf, dass er nahezu wöchentlich sein System änderte. Mal presste seine Mannschaft hoch mit zwei Spitzen, mal tief mit einer Spitze. Mal setzte man auf Gegenschläge ausgelöst durch lange Bälle, mal wollte man sich bis zum gegnerischen Tor kombinieren. Auch die Startelf variierte immer wieder, jedoch auch aufgrund von Verletzungsplagen. Dennoch schien das Ganze oft planlos, statt strukturiert. Sky Experte und Ex-Liverpool Spieler Jamie Carragher sagte über Ten Hags Manchester United sogar: „Ich habe noch nie ein so schlecht gecoachtes Fussballteam gesehen.“

Kommt nun die Wende?

Mit dem neuen Trainer Rúben Amorim, der ab dem 11. November tätig sein wird, kommt einer zum Klub der konstant seinen eigenen Fussball spielen lässt. In der Datenbank von Transfermarkt kann man einsehen, dass Amorim eigentlich immer die gleiche Formation auflaufen liess. Er machte nur wenige male kleine Unterschiede bei den Formationen. Daher wird er auch Manchester United seinen Stempel aufdrücken. Die Frage ist nur wie gut das System eines Trainers funktioniert, der bisher SC Braga B, SC Braga und Sporting Lissabon trainierte, in der Premier League funktioniert. In einer Liga, die aus Teams wie unter anderem Liverpool und Manchester City besteht, die extrem stark am Ball sind.

Die stärke am Ball der Gegner ist darum wichtig zu erwähnen, da Amorims System extrem offensiv und daher auch extrem konteranfällig ist. Jedoch konnte der Portugiese dessen heimische Liga mit dieser Einstellung dominieren und dem Verein Sporting in der Saison 20/21 den ersten Meistertitel seit der Saison 01/02 sichern. Letzte Saison gewann er die Meisterschaft sogar ein zweites Mal. Doch funktioniert dieses System auch bei den Red Devils?

Wichtige Wingbacks, falsche Flügel und Double Pivots

Wenn man den Titel zur Amorims Taktik liest, klingt das wenig nach Manchester United, Mourinho, Ten Hag, Solskaer, Rangnick oder sogar Ferguson. Sondern mehr nach Inzaghis Inter Mailand oder Tuchels Chelsea. In der Tat ist eine Formation wie sie Amorim gerne spielt selten in der Geschichte von Manchester United oder gar der ganzen Premier League vorzufinden. Bis auf Louis Van Gaal spielte in der letzten Zeit kein Trainer Formationen mit einer Dreierkette in der Abwehr bei United. Bei Rùben Amorim ist diese Formation allerdings zielführend.

Offensiv:

Im tiefen Aufbau, wenn der eigene Torwart den Ball hat, formiert sich Amorims Sporting in einem 3-4-3. In den meisten Fällen erfolgt der erste Pass des Torwarts kurz zu einem der drei Innenverteidigern. Diese müssen im System von Amorim stark am Ball sein, da sie viele Angriffe durch Pässe zu den Sechsern oder den Halbflügeln einleiten müssen. Die Aussenverteidiger stehen ungefähr auf der höhe der Pivots, um sich offensiv auf der ganzen Länge bewegen zu können. Ihre Position die man Wingback nennt ist äusserst anspruchsvoll und erfordert hohe konditionelle Leistungen, da man sich während den 90 Minuten auf dem ganzen Flügel bewegen muss. Die beiden tiefen Mittelfeldspieler, auch Pivots genannt, nehmen den Ball entgegen und befördern ihn zu den hochlaufenden Wingbacks, zu den Halbflügeln oder sogar zum Spitzenstürmer.

Die 3-4-3 Formation von Amorims Sporting im tiefen Aufbau

Die Halbflügel oder auch falsche Flügel oder Siebeneinhalber genannt, bewegen sich wie es die Namen schon verraten eher im Zentrum, da sie somit die gegnerischen Verteidigung zusammenziehen, damit sich die Wingbacks durch den entstehenden Raum auf dem Flügel entfalten können. Ausserdem sorgen die falschen Flügel aufgrund ihrer zentralen Positionierung dafür, dass im hohen Angriffsspiel die Gegner durch die Vielzahl Angreifer überfordert werden.

Die extrem offensive Formation von Amorim im hohen Angriffsspiel

Der Spitzenstürmer hält mehrheitlich die Position und hängt in der Spitze. Wenn sich allerdings Räume auf der Seite öffnen, welche die Wingbacks diese belaufen können und durch lange, hohe Bälle angespielt werden können, bewegt sich der Stürmer stückweise zurück um die gegnerische Abwehrkette in eine höhere Position zu bringen, die dann durch einen Ball überspielt werden kann.

Defensiv:

Die Double Pivots sind in der Defensivbewegung von Amorim extrem wichtig. Der eine ist ein Box-to-Box Midfielder, der sich, wie es der Name schon verrät, nach einem misslungen Angriffsversuch vom gegnerischen Strafraum schnell zum eigenen Strafraum bewegt. Dieser Spieler ist in der Defensivbewegung überall vorzufinden und muss konstant in Bewegung sein. Der andere Pivot ist ein Holding Midfielder, welcher in der Angriffsbewegung eine eher defensive Stellung einnimmt, um bei potentiellen Ballverlusten in der idealen Position zu sein, um den Ball zurückzuerobern.

Bei Ballverlust versucht die Mannschaft den Ball schnellstmöglich zurückzuerobern

Wenn der Gegner tief aufbaut, stellen sich Amorims Spieler in einem 5-4-1 auf, wobei die Wingbacks ihre defensive Rolle in der Abwehrkette übernehmen. Punkto Pressing zeigt sich Sporting unter Amorim sehr flexibel. Gegen Gegner, die stark am Ball sind wie Erzrivalen Benfica oder Porto zieht sich Sporting weit zurück, entwickelt nur kleine Abstände zwischen den Ketten und verengt vor allem die Abwehrkette extrem, um die Gegner zu zwingen, ihr Spiel über die Flügel machen zu müssen. Dort ist der Raum für die Angreifer am kleinsten.

Das tiefe und komprimierte 5-4-1 mit enger Abwehrkette

Doch gegen schwächere Gegner pressen sie hoch, verfügen über eine hohe Abwehrkette und probieren sie zu hetzen. Vor allem der Spitzenstürmer muss die Fähigkeit haben schnell zu pressen, um Druck auszuüben. Die falschen Flügel können sich während dem Pressing auch in äussere Positionen bewegen. Jedoch gilt auch im Aufbauspiel des Gegners, dass man ihn in die äusseren Räume zwingt.

Das pressing-orientierte 5-4-1 mit hoher Abwehrkette

Bringt Amorim United zum Erfolg?

Wie bereits angesprochen kennt der Verein Manchester United solche Spielweisen nicht all zu gut. Dementsprechend mangelt es auch im Kader an gewissen Positionen. Über natürliche Wingbacks, welche in dieser Position Erfahrung haben, die unter Amorim wichtig sein wird, verfügt Manchester United nicht. Ihre gesetzten Aussenverteidiger Diogo Dalot und Noussair Mazraoui, sowie der verletzte Luke Shaw sind alles klassische Aussenverteidiger, die in Angriffssituationen selten die Rolle eines Flügels einnahmen. Deshalb diskutieren viele Fans darüber Alejandro Garnacho oder Amad Diallo in diese Position zu integrieren. Beides gelernte Flügel, die allerdings aufgrund ihrer Physis defensiv ein Problem darstellen könnten.

Ein weiteres Problem entsteht durch Bruno Fernandes, der bisher als Zehner bei Manchester United viele Freiheiten genoss. Er konnte sich praktisch überall bewegen, konnte die Bälle tief holen, aber auch in höhere Positionen dringen. Einen solchen kreativen Zehner gibt es im System von Amorim einfach nicht. Eine Option wäre Fernandes tiefer spielen zu lassen, wobei sich jedoch darüber streiten lässt, ob dieser überhaupt ein Box-to-Box oder Holding Midfielder sein kann. Seine Stärken liegen nicht in diesen Rollen.

Zudem zeichnete sich die offensive Dominanz bei Sporting Lissabon vor allem auch durch ihren Topstürmer Viktor Gyökeres aus, der über eine faszinierende Effizienz im Abschluss verfügt. Gyökeres erzielte in dieser Saison schon 16 Tore in nur 10 Spielen. Mit Rasmus Hojlund hat Manchester United einen Stürmer der bisher noch nicht wirklich brillieren konnte und es deshalb fragwürdig ist wie viel dieser im Angriff unter Amorim beitragen kann.

Doch es gibt durchaus auch positive Aspekte, die aus Sicht von United auf eine vielversprechende Zukunft hoffen lassen. Wie bereits angetönt müssen die Innenverteidiger unter Amorim stark am Ball sein. Diese Innenverteidiger hat United mit Leny Yoro und Lisandro Martinez, die mit dem robusten De Ligt oder Maguire ein solides Defensivtrio bilden würden.

Auch für die Pivotrollen verfügt Manchester United mit Kobbie Mainoo und Samuel Ugarte über die passenden Spieler. Kobbie Mainoo spielt brillante Pässe und ist ein klassischer Box-to-Box Midfielder. Samuel Ugarte ist in der Defensivbewegung stark und kennt Rùben Amorim schon aus gemeinsamen Zeiten bei Sporting CP.

Marcus Rashford und Alejandro Garnacho könnten unter Amorim richtig aufblühen, da sie beide gerne vom Flügel in die Mitte ziehen und in dieser Position sehr gefährlich werden können. Dazu sind beide starke Dribbler und schrecken nicht davor ab ins Eins gegen Eins zu gehen.

Potentielle Aufstellung von Manchester United unter Rùben Amorim

Blick in die Zukunft

Es lässt sich auf jeden Fall sagen, dass es spannend zu beobachten wird, wie sich das System von Amorim in Manchester etablieren wird. Wichtig ist zu erwähnen, dass wenn sich das System aufgrund der genannten Probleme nicht entfalten könnte, Manchester United auf dem Transfermarkt tätig werden müsste. Es ist nun mal ein System, dass flexible Spieler erfordert, die eigentlich über alle Attribute verfügen müssen. Doch wenn sie das tun, kann das System eines der besten der Welt sein.

So wie das von Alex Ferguson. Äääh, Rùben Amorim.

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